Mittlerweile hat sich vielleicht herumgesprochen, dass wir es im zehnten Jahr unseres Bestehens erneut wissen wollen und unser Album Nummer 6 in der Röhre ist. Nun stellt sich – wie für alle Kulturkämpfer im verrottenden Spätkapitalismus – die Frage nach der adäquaten Finanzierung dieser Herzensangelegenheit. Enter Crowdfunding.
Da „Crowdfunding“ ein für deutsche Zungen so ungeschmeidiges Wort ist, werde ich es durch den Begriff „Fanförderung“ ersetzen. Zusätzliche offiziöse Variante: „Private Kulturförderung“.
Ich will hier zwei Plattformen vorstellen, mit deren Möglichkeiten wir uns gerade intensiv beschäftigen: PledgeMusic und Startnext.
Doch erstmal eine Rückblende:
2008 gaben wir bereits eine Angelika Aktie heraus um unserem Album Goldener Trash auf die Welt zu helfen. Die Aktion war recht erfolgreich und sorgte vor dem Hintergrund malader Musikökonomie und kollabierender Weltwirtschaft sogar für einigen Gesprächsstoff bis in öffentlich-rechtliche Fernsehnachrichten zur besten Sendezeit. Damals waren wir also sowas wie Pioniere der Fanförderung.
Nachdem nun einige Jahre ins Land gezogen sind, hat sich dies vormals so edle Prinzip mittlerweile bis in den im kommerziellen Mainstream etabliert. Die gewieften Pro7-Zulieferer Brainpool lassen jetzt sogar ihren Stromberg-Film auf fast die gleiche Weise mitfinanzieren wie weiland Tante Angelika. (Der feine Unterschied: Branchenriese Brainpool braucht definitiv keine private Kulturförderung, sondern scheffelt so ein weiteres Milliönchen, plus Extrapromo für lau.)
Neben solcherlei Auswüchsen haben sich jedoch mittlerweile einige feine Plattformen in Stellung gebracht, die Fanförderung auf breiter Ebene mit einfachen, doch ausgeklügelten Methoden zugänglich machen. Ich glaube dass wir es hier mit echten Gamechangern für die hiesige Musikbranche zu tun haben. Anderswo haben Kollegen wie Amanda Palmer, The Subways, Cornershop, Art Brut oder Gang of 4 schon höchst erfolgreich mit Plattformen wie PledgeMusic und Kickstarter ihre Projekte finanzieren können.
Im deutschen Sprachraum hat man bislang eher wenig von diesen Entwicklungen mitbekommen (außer vielleicht von Sellaband, die sich aber nicht nur wegen ihres nach totalem Abverkauf klingenden Namens disqualifiziert haben).
Die Firma Startnext aus Dresden versucht das definitiv zu ändern und gibt hierzulande erstmal den Platzhirsch in diesem Bereich. Sie haben das Prinzip von Kickstarter auf sympathische Weise adaptiert: Wer ein Kulturprojekt mitfördern möchte zahlt einen Betrag ein, der erst abgebucht wird, sobald die Finanzierung zu mindestens 100% gesichert ist. Sonst wird das Projekt abgebrochen und alle Gelder fließen wieder zurück.
Klappt jedoch alles wie geplant, erhält der Förder-Fan dann je nach Einsatzhöhe heiß begehrte Aufmerksamkeiten wie etwa eine signierte Deluxeversion des Albums oder ein intimes Privatkonzert. Startnext zwackt sich selber keinen Anteil von dem gesammelten Geld ab, sondern finanziert sich als Freemium-Modell: Beratung, Pressearbeit und Designleistungen kann man dazubuchen. Das ist mehr als fair!
Für Musikprojekte hat Startnext im Moment noch den Nachteil, dass der Dienst eher allgemein auf Kulturprojekte ausgelegt ist und nicht speziell für Musikpräsentation konzipiert wurde. So sind denn bisher auch noch keine größeren Musikprojekte umgesetzt worden. Aber wer weiß, vielleicht wird sich das bald schon ändern.
An dieser Stelle kommt der aus UK stammende Dienst PledgeMusic ins Spiel, der ab Februar mit einer deutschen Version an den Start geht. Das selbstbewusste Motto: „YOUR MUSIC COMPANY. Hands-on, direct-to-fan music-making.“ Sie haben in der Tat bereits ziemliche Erfolge gefeiert u.a. mit den neuen Alben von The Subways, Cornershop, Killing Joke und Art Brut. Viele ihrer Projekte schießen gar deutlich übers Ziel hinaus, im Einzelfall bis zu fast 500%. (Da schaut man gerne über die im deutschen Sprachkontext leicht unvorteilhafte Namensgebung hinweg.)
Im Prinzip ist das System fast identisch zu dem von Startnext. Ein großes Plus ist jedoch definitiv die komplette Ausrichtung auf Musik im Zusammenspiel mit einer recht slicken Oberfläche. Zudem wird man bei der Erstellung einer Kampagne mit Rat und Tat von Leuten mit Erfahrung in der Musikbranche unterstützt.
Das hat seinen Preis: 15% der eingesammelten Gelder gehen als Provision an Pledgemusic. Den gleichen Prozentsatz erhält üblicherweise auch eine Konzertagentur oder ein Musikmanagement für geleistete Dienste, bei Musikvertrieben muss man schon mit 40% rechnen, bei der Zusammenarbeit mit einem Label kommt oft kaum noch was beim Künstler an. So gesehen ein absolut fairer Deal.
In den kommenden Tagen und Wochen werden wir uns also wohl für eine dieser beiden Plattformen entscheiden, um so unser Albumprojekt zu finanzieren. Kern des Projektes wird eine sehr aufwändig gestaltete, hochwertige, nahezu monumentale Box sein, die das Album auf verschiedene Medien verteilt: CD, Vinyl, Musikassette, großformatige Kunstdrucke und mehr. Einzelheiten folgen.